Bericht der

Canadian Association of University Teachers of German

Im folgenden Bericht soll kurz über einige Aspekte der Situation der Deutschabteilungen an kanadischen Universitäten ebenso wie über Aktivitäten der CAUTG und Formen der Zusammenarbeit gesprochen werden. Wenn vom universitären Bereich die Rede ist, sollte beachtet werden, dass zu den universitätsspezifischen Aufgaben Forschung und Lehre im Bereich der deutschen Sprache, Literatur und Kultur gehören.

Bei aller Unterschiedlichkeit der Situation an verschiedenen Universitäten lässt sich feststellen, dass bestimmte Trends, von denen ich bei den letzten beiden CATG-Tagungen berichtete, anhalten:

Statistisches

Die im Mai 2000 vorgelegte CAUTG- Statistik zeigte u.a. folgendes:

Man sollte nicht vergessen, dass Deutsch nur eine unter anderen Sprachen ist, die an Universitäten angeboten werden. Es ist deshalb sinnvoll, die Zahlen für Einschreibungen in Deutschkursen mit denen in anderen Sprachen zu vergleichen. Da z.Z. für Kanada noch keine entsprechenden Statistiken vorzuliegen scheinen, seien einige Zahlen aus den USA genannt:

     USA - Statistik: 1995 vs. 1998 (US-Institutionen im tertiären Bildungsbereich)

        Spanisch: + 8,3%
       Französisch: - 3,1%
       Deutsch: - 7,5%
       Italienisch: + 12,6%
       Japanisch: -3,5%
       Chinesisch: + 7,5%
       Lateinisch: + 1%
       Russisch: -3,8%
          (Statistik entnommen aus: Léo Charbonneau, "Tongue-tied," University Affairs, March 2001, p. 15)

Eine andere Statistik für die USA scheint zu ergeben, dass an amerikanischen Universitäten die Relation von Einschreibungen in den Fremdsprachen insgesamt im Vergleich zu den Gesamteinschreibungen an den Universitäten von 1977 bis 1998 relativ stabil geblieben ist und bei ca. 8% liegt. Mit andern Worten: ca. 8 von 100 Einschreibungen in allen Disziplinen einer Universität entfallen auf Fremdsprachen (s. Charbonneau,  University Affairs, March 2001, p. 14). Wenn man diese Zahlen allerdings vergleicht mit denen von 1960, so zeigt sich, dass damals die  Fremdspracheneinschreibungen 16% der Gesamteinschreibungen ausmachten, also doppelt so hoch waren (The Chronicle of Higher Education, March 9, 2001).

Da meines Wissens noch keine vergleichbaren Daten für Kanada vorliegen, steht offen, ob das Bild in Kanada ähnlich aussieht. Es scheint mir jedenfalls wichtig zu sein, unsere Situation in einem größeren Kontext zu sehen.

Aktivitäten der CAUTG und Formen der Zusammenarbeit

Im folgenden wird auf einige Aktiviäten der CAUTG ebenso wie auf Formen der Zusammenarbeit mit andern Institutionen und Organisationen eingegangen.

    1.  CAUTG-Konferenz 2000 an der University of Alberta (14. - 16. Mai 2000)
Zuständig für das akademische Pogramm war Linda Feldman (University of Windsor), die im Rahmen der Konferenz auch einen Pädagogischen Tag organisierte mit neun Vorträgen von  CAUTG-Mitgliedern. Außerdem wurden Gastvorträge von zwei Fachdidaktikern aus Deutschland, Dieter Wolff und Bernd Rüschoff, gehalten, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Montreal und mit finanzieller Unterstützung des StADaF.

    2.  CAUTG-Konferenz 2001 an der Université Laval (23. - 26. Mai 2001)
Chris Lorey (University of New Brunswick), zuständig für das akademische Programm der diesjährigen Jahreskonferenz, hat die DaF-Veranstaltungen in das ganze Konferenzprogramm integriert. Zwei Sessionen mit insgesamt vier Vorträgen von CAUTG-KollegInnen sind dem DaF-Bereich gewidmet. Außerdem wird Michael Legutke, Professor für Didaktik an der Universität Giessen, einen Gastvortrag halten. Erwähnt sei auch eine Diskussion, die zum Thema "German Cultural Studies: Toward an Effective Integration of Interdisciplinary Courses" vorgesehen ist.

Dank gebührt dem Goethe-Institut Montreal, insbesondere Klaus Krischok, für die gute Kooperation und die tatkräftige Unterstützung auch über den StADaF!
 
    3.  Zusammenarbeit
Zusammenarbeit manifestiert sich in verschiedenen Formen und auf verschiedenen Ebenen. Dazu gehören fachübergreifende Forschung und Lehre ebenso wie Formen der Zusammenarbeit zwischen Institutionen und mit andern Organisationen.

3.1.  Ein wichtiger Tätigkeitsbereich an Universitäten ist die Forschung. Es zeigt sich, u.a. auch im Zusammenhang mit Einschreibezahlen ebenso wie mit dem Arbeitsmarkt,  dass es eine Tendenz zu grenzüberschreitender, also interdisziplinärer Forschung und Lehre gibt. Und auch da zeigt sich, dass die kanadische Auslandsgermanistik nicht im Vakuum steht, sondern mit andern Humanwissenschaften gewisse Interessen wie Probleme teilt. So organisierte SSHRC (Social Scienes and Humanities Research Council of Canada) im vergangenen Oktober 2000 eine Konferenz zum Thema "Alternative Wor(l)ds: The Humanities in 2010". Unser CAUTG-Präsident, David John (University of Waterloo), lieferte einen Beitrag zum Thema "The Landscape of Humanities Scholarship: Emerging Directions and Future Perspectives", in dem er u.a. für interdisziplinäre Forschung plädierte, allerdings nicht auf Kosten, sondern unter Beibehaltung solider traditioneller, disziplingebundener Forschung.

3.2. Die CAUTG arbeitet auch mit HSSFC (Humanities and Social Sciences Federation of Canada) zusammen. Altpräsident Tony Northey (Acadia University) vertritt CAUTG im Vorstand dieser Organisation.

Beim Congress 2000 an der University of Alberta organisierte HSSFC Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Fremdsprachenverbände, und es wurde beschlossen, eine Arbeitsgruppe ("Modern Languages Task Force") einzurichten mit dem Mandat "to examine the condition of work in languages and cultures in Canadian universities, and to develop strategies to address the continuing crisis in these disciplines." (Mitteilung von Patricia Clements, President of HSSFC, 12. Febr. 2001). In dieser siebenköpfigen Arbeitsgruppe sind zwei CAUTG- Mitglieder tätig: Esther Enns (University of Calgary) und Mark Webber (York University). Diese Arbeitsgruppe wird eine quantitative und qualitative Studie über die Situation der fremdsprachlichen Disziplinen erstellen und die Ergebnisse im Herbst 2002 vorlegen.

Im Rahmen des "Congress of the Social Sciences and Humanities 2001" wird diese Arbeitsgruppe am 25. Mai 2001 an der Université Laval eine Informationssession für Mitglieder der Fachverbände im Bereich der modernen Fremdsprachen durchführen.

3.3. Ein weiteres Zeichen der Zusammenarbeit, diesmal zwischen CAUTG und CATG, ist das Forum Deutsch. Michael Boehringer (University of Waterloo) ist als CAUTG-Vertreter im "editorial team" von Forum Deutsch tätig.

3.4.  Im Bereich "Wirtschaftsdeutsch" ist das CAUTG Subcommittee on Business German tätig, das Kolleginnen und Kollegen unterstützt, die an kanadischen Universitäten Wirtschaftsdeutsch unterrichten. Dieses Komitee bietet seit Jahren bei der Jahreskonferenz der CAUTG eine Informationssitzung über Wirtschaftsdeutsch an, die Kollegen und Kolleginnen eine Chance bietet, Informationen und Erfahrungen in diesem Bereich auszutauschen. Seit 1993 wird in Kanada die Prüfung Wirtschaftsdeutsch International (PWI) durchgeführt, deren Träger das Goethe-Institut München, der Deutsche Industrie- und Handelstag und die Carl-Duisberg-Centren sind. Diese Prüfung wird in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Toronto und der Deutsch-Kanadischen Industrie-und Handelskammer durchgeführt. Die diesjährige PWI findet am 12. Mai statt.

Zielsetzung bei der Vermittlung von Sprachen an Universitäten

Abschließend möchte ich zumindest kurz auf eine Problematik hinweisen, die sich im Zusammenhang mit den Einschreibezahlen in universitären Fremsprachenkursen auf der einen Seite und Budgetkürzungen auf der andern Seite ergibt. Eine der Konsequenzen niedriger Einschreibezahlen ist, dass viele Abteilungen dabei sind, "to reinvent themselves", wie es im Jargon heißt, also sich neu zu definieren. Eine der Fragen, die sich dabei stellt, ist die nach der Aufgabe der Universität im Bereich der Vermittlung von Sprachen.
Um das Problem zu verdeutlichen, weise ich auf einen Fall in den USA hin, der neulich Schlagzeilen machte. Laut Berichten wurde an einer amerikanischen Universität beschlossen, eine ganze Fremdsprachenabteilung und damit das gesamte Fremdsprachenprogramm zu schließen und acht Professoren und Professorinen und sieben teilzeitlich beschäftigte Dozenten und Dozentinnen zu entlassen. Als Grund wurden zu geringe Einschreibezahlen und zu hohe Programmkosten genannt.

Um dieser und ähnlichen Entwicklungen entgegenzuwirken, stellt sich die Frage, wie Einschreibezahlen zu heben sind. Damit verbunden ist die u.a. die Frage, welche universitären Zielgruppen angesprochen, welche Lehr- und Lernziele angestrebt werden sollen: Soll man sich z.B. ausschließlich darauf konzentrieren, Deutschkurse als "Servicekurse" für StudentInnen im Bereich des Ingenieurwesens, der Betriebswirtschaft, der Internationalen Beziehungen anzubieten? Soll man die StudentInnen dazu ausbilden, dass sie in der Lage sind, am Frankfurter Hauptbahnhof eine Currywurst auf Deutsch zu bestellen, oder soll man sie dazu befähigen, Uwe Timms "Die Entdeckung der Currywurst" oder Schillers "Lied von der Glocke" (kritisch!) zu analysieren? Dazu sagte vor kurzem Patricia Clements (University of Alberta), Präsidentin von HSSFC, meiner Ansicht nach treffend: "While I think it is important that the languages acknowledge their commercial utility, it is really important that they not be reduced to that." (zitiert in Charbonneau, University Affairs, March 2001, p. 17)

Ich stimme auch Mark Webber (York University) voll zu, wenn er sagt: "Our job is to train people how to think and how to analyse and how to solve problems ... And in terms of humanities, there is the additional role of preserving and critically analysing cultural tradition, and within that I think the languages have a very important role, because language and culture are so closely intertwined" (zitiert in Charbonneau, University Affairs, March 2001, p. 15).

Dies beschreibt, in Kurzform, eine wie ich denke zentrale Aufgabe der Universitäten, die wir bedenken sollten, wenn wir über die Vermittlung von Fremdsprachen sprechen.
 

Hans Walter Frischkopf (McGill University) (17. 3. 2001 / 11. 5. 2001)


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