Leitfaden
zur Unterrichtsplanung für den DaF-Unterricht
Mit kreativer Planung zu besseren Ergebnissen

Jedes Produkt aus handwerklicher Herstellung oder industrieller Serienfertigung wird vor dessen Herstellung bis in allen Einzelheiten gründlich durchdacht und geplant. Warum soll dies auch nicht beim Sprachunterricht der Fall sein, wenn wir das Ergebnis nicht gänzlich dem Zufall überlassen wollen?

Die sog. "pädagogische Freiheit" im Sprachunterricht leidet sicherlich nicht darunter, wenn sich LehrerInnen einmal ernsthaft Gedanken darüber machen, wie sie durch bessere Planung ihres Unterrichts bestimmte Lernziele erreichen und somit ihre SchülerInnen zu höheren sprachlichen Leistungen und attraktiven Abschlüssen führen.

Auch bei systematischer Unterrichtsplanung und Orientierung an bestimmten Leitlinien des Sprachunterrichts ist der Kreativität der Lehrkräfte keine Grenzen gesetzt. Anhand des neuerdings in Kanada entwickelten Leitfadens zur Unterrichtsplanung dürfte es leichter fallen, die einzelnen Komponenten der Unterrichtsplanung in eine ausgewogene Balance und folgerichtige Anordnung zu bringen.

Bessere Ergebnisse, aber wie? Diese Frage stellte sich eine Gruppe von SchulleiternInnen an deutschen Sprachschulen in Kanada, denn es wurde deutlich, dass sich trotz jahrelanger, umfangreicher und vielseitiger Angebote zur Lehrerfortbildung und trotz der Entwicklung neuer Lehrwerke und Unterrichtsmaterialien das fremdsprachliche Niveau der SchülerInnen nicht wesentlich verbesserte. Die Anzahl der SchülerInnen mit qualifizierten Abschlüssen, wie z.B. Sprachdiplomprüfungen, schien ebenfalls zu stagnieren. Eine wichtige Ursache für diese Entwicklung war nach Einschätzung der Fachberater in Kanada darin zu sehen, dass an vielen Sprachschulen schon über viele Jahre ohne Orientierung an einem Lehrplan unterrichtet wurde. Gerade bei deren organisatorischen und strukturellen Gegebenheiten bot es sich an, mit der Entwicklung eines Lehrplanes zu beginnen.

Im Jahre 1995 hat deshalb der KVDS (Kanadischer Verband Deutscher Sprachschulen) auf Anregung der Fachberater de nwegweisenden Beschluss gefasst, einen Leitfaden zur Unterrichtsplanung zu erstellen.

Diese Entscheidung ging auch einhand mit Bestrebungen der Zentralstelle für das Auslandschulwesen,die finanzielle Förderung von Sprachschulen anhand eines bestimmten Kriterienkataloges zu messen. Eines zentrales Föderungskriterium sollte ein Lehrplan sein, nachdem sich der Unterricht der Schule orientiert.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für guten Unterricht liegt in dessen vorhergehender Planung. Dieser wichtigen Einsicht wollen sich viele DaF-LehrerInnen in Kanada auch an Öffentlichen Schulen anschließen. Sie sind dabei, sich in den neu entwicklelten Leitfaden zur Unterrichtsplanung einzuarbeiten und ihre Unterrichtsplanung danach auszurichten.

Der Leitfaden besteht aus drei Lernstufen: der Grundstufe, der Mittelstufe und der Oberstufe. Jede dieser Stufen ist in sog. Klassenstufen eingeteilt.Leitfaden
 

Grundstufe
Mittelstufe
Oberstufe
Anfänger
Grundstufe I
Grundstufe II
Grundstufe III
Grundstufe IV
Mittelstufe V
Mittelstufe VI
Mittelstufe VII
Mittelstufe VIII
Oberstufe IX
Oberstufe X
Oberstufe XI
Oberstufe XII

Viele Veröffentlichungen bleiben erfahrungsgemäß schon kurz nach deren Erscheinen unbeachtet liegen. Nicht so der neue Leitfaden, denn dieser klar in Grundstufe, Mittelstufe und Oberstufe strukturierte Plan zeichnet sich wie folgt aus:

Bei der Planung des Leitfadens wurde auch darauf geachtet, dass sich die einzelnen Themen und Sprachfunktionen spiralförmig mit verschiedenen Varianten auf mehreren Lernstufen wiederholen.

Beispiel: Themenübersicht zu Anfänger und Grundstufe I


 
 
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Anfänger Unsere Freunde Das ist meine Familie Der Herbst ist da In der Schule Nikolaus kommt! Spielzeug Gute Mahlzeit! Der Bauernhof Frühling Sommer
Grundstufe I Willkommen Ich und meine Familie Mein Klassenzimmer Adventskalender Spielzeug Essen und Trinken Haustiere Was ziehen wir an? Wir feiern Geburtstag Sommerferien

Vorgeschlagene Inhalte können auch durch neue Themen ersetzt werden, je nach Fähigkeiten, Lernvoraussetzungen und Interessen der Schüler.

Beispiel: Übersicht zu Sprachfunktionen in Mittelstufe I und II


 
 
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Mittelstufe I Etwas verlangen, kaufen Interessen beschreiben Wünsche äußern Jemanden einladen Vereinbarungen treffen Erklären, wie man etwas macht Etwas begründen, rechtfertigen Wissen darlegen Meinungen, Ansichten ausdrücken Über Vergangenes berichten
Mittelstufe II Jemanden einladen (erweitert) Vorschläge machen und Alternativen geben Über Vergangenes berichten Abläufe beschreiben Erklären, wie man etwas gemacht hat Beschreibungen machen Als wahrscheinlich, möglich darstellen Überzeugung, Vermutung, Zweifel aussprechen Eine Absicht ausdrücken& Von Eventualfällen sprechen

Merkmale des Leitfadens

Die Konzeption des Leitfadens richtet sich an einer sprachlichen Progression aus, die von der struktuierten über die geleitete Anwendung zum freien Gebrauch der Sprache führt. Die ursprüngliche für Sprachschulen entwickelte Konzeption, hat in Kanada auch im Bereich des Deutschunterrichts an öffentlichen Schulen großen Anklang gefunden, da die von K-12 entwickelte Unterrichtsplanung in den verschiedenen Lernbereichen u.a. konkrete Unterrichtsziele ausweist.

Die Auswahl der Themen und Sprachfunktionen in den einzelnen Lernstufen erfolgte erst nach gründlicher Analyse unterschiedlicher aktueller Lehrpläne und Lehrwerke und spiegelt somit den neusten Stand der sprachwissenschaftlicher Erkenntnisse wieder. Es wurden nicht nur Lernziele und sprachliche Inhalte aus den gängigen Unterrichtslehrwerken wie z.B. Wer? Wie? Was?, Deutsch heute, Hallo Peter, Studio Deutsch, Sowieso, Deutsch aktuell, Komm mit u.a.m., sondern auch weitere Aspekte des DaF-Unterrichts wie z.B. die fremdsprachlichen Prinzipien der fünf C's (Content, Communication, Culture, etc.) berücksichtigt.

1. Das "Hopscotch"-Raster

In diesem Überblick sind nochmals die Themen für die Anfängerstufe festgehalten, diesmal als "Hopscotch-Raster". Jedes Kästchen enthält eine Themeneinheit. Einheiten in derselben Reihe sind im Schwierigkeitsgrad gleich und bieten ähnliche Sprachfunktionen als Lerninhalte an.

Anfänger: Die Einheiten

EINHEITEN SIEHE AUCH
1. Unsere Freunde  GI 1 
2. Das ist meine Familie  GI 2 
3. Der Herbst ist da  GI 8 
4. In der Schule  GI 3, 5 
5. Nikolaus kommt  GI 4 
6. Spielzeug  GI 5 
7. Gute Mahlzeit!  GI 6, 9 
8. Der Bauernhof  GI 7 
9. Frühling  -
10. Sommer  GI 10 

Je nach Lehrmaterialien, Jahresstundenzahl und Sprachniveau der Schüler wählen Sie 7-8 der 10 Themen - am besten mindestens ein Thema aus jeder Reihe.

Ansteigender Schwierigkeitsgrad von 1-10


2. Die Niveaus A und B

Jede der vorgeschlagenen Einheiten wurde für zwei verschiedene Schwierigkeitsgrade (A und B) geplant. Damit können unterschiedliche Eingangsvoraussetzungen, und heterogene Zusammensetzungen vor Lerngruppen und Schulklassen bei der Planung und Durchführung des Deutschunterrichts leichter berücksichtigt werden.

Die Vorschläge unter A sind für die Normalsituation, und B ist als erweitertes Programm für die fortgeschrittenen Schüler/innen gedacht. Damit kann man ein differenziertes Lernprogramm für die Schülergruppe realisieren.

Hier ein Beispiel:

Anfänger

Einheit 1: Unsere Freunde
 

 
A
B
Wortfelder Namen
Zahlen 1-5 (...Jahre alt)
Namen
Zahlen 1-5 (...Jahre alt)
einfache Informationen zur Person
Landeskunde Lieder und Reime Lieder und Reime
Miteinander
sprechen/vorstellen
- sich und andere vorstellen (das ist...)
- einander begrüßen und sich verabschienden
- Namen geben oder erfragen (bist du Thomas?)
- sich und andere vorstellen (der heißt...)
- einander begrüßen und sich verabschieden
- Namen geben oder erfragen (Heißt sie Helena?)
- sich bedanken
- einfache Informationen zur Person erfragen (Hast du eine Katze?)
Lesen und Verstehen - -
Schreiben - -
Grammatik - einfache Frage- und Aussagesätze
- Personalpronomen (ich, du, er, sie, es)
- Präsens 1-3 Person, Singular (z.B. sein, heißen)
- einfache Frage- und Aussagesätze
- Personalpronomen (ich, du, er, sie, es, wir)
- Präsens 1-3 Person, Singular, 1. Person, Plural (sein, heißen, haben und 2-3 Verben zum Thema)

Mit solchen Tabellen ist es leichter, nach Sprachniveau differenzierte Unterrrichtseinheiten zusammenzustellen.

3. Varianten der Anwendung des Leitfadens

Variante I: Vom Leitfaden direkt zur Unterrichtplanung

Der Leitfaden ist die einzige Basis der Unterrichtsplanung. Direkt ausgehend von den im Leitfaden vorgeschlagenen Lernzielen, Themen, Sprachfunktionen und Grammatik werden Unterrichtseinheiten und -pläne entwickelt. Man wählt 7 der 10 Einheiten aus und bearbeitet sie in der angegebenen Reihenfolge, indem man die dazu passenden Lehrmaterialien entwickelt und Inhalte aus Lehrwerken und/oder Zusatzmaterialien auswählt.

Nur sehr wenige Lehrer/Lehrerinnen werden den Leitfaden auf diese Art anwenden.

Variante II: Eine Auswahl

Manche Einheiten werden direkt aus dem Leitfaden übernommen, andere werden abgeändert und dem Kenntnisstand und den Interessen der jeweiligen Klasse angepasst. Der Leitfaden bietet Richtlinien und Denkanstösse. Man wählt 7 Einheiten aus, übernimmt bei manchen nur das Thema und bei anderen nur die Grammatikeinteilung oder die Hinweise zu den Sprachfunktionen. Man entwickelt zu manchen Themen neue Lehrmaterialien, kann aber auch auf ein Lehrwerk zurückgreifen. Werden Einheiten aus dem Leitfaden vollkommen ersetzt, orientiert man sich zusätzlich am Gesamtüberblick im Anhang um sicher zu stellen, daß die SchülerInnen bis Ende des Jahres in jedem Fall das vorgegebene Sprachniveau bzw. die Sprachziele erreicht haben.

Es ist anzunehmen, daß die meisten LehrerInnen auf diese Weise ihren Unterricht mit dem Leitfaden planen werden

Variante III: Nur die Ziele

Es wird nur eine Auswahl von 1 - 2 Einheiten aus dem Leitfaden übernommen und ein völlig neues Programm entwickelt, das neue Lernprogressionen und Themen enthält. Nur die sprachlichen Ziele des Leitfadens werden übernommen, so daß die Schüler bis Ende des Jahres das vorgegebene Sprachniveau erreichen können - jedoch auf einem anderen Weg. Während des Jahres wird selbst erarbeitetes Lehrmaterial gebraucht, man analysiert es und vergewissert sich, daß die im Leitfaden angegebenen Sprachfunktionen und Lernziele im Bereich der Grammatik abgedeckt werden.

Wenige LehrerInnen werden den Leitfaden auf diese Art anwenden.

Sie können jederzeit mit dem Projektteam in Verbindung treten:

Projektleiter

Rupert Barensteiner, M.A., German Consultant, Manitoba Education and Training W320-1970 Ness Avenue Winnipeg, MB R3J 0Y9; Tel.(204) 945-7969; Fax: (204) 945-1254; E-Mail: rbarensteiner@edu.gov.mb.ca

Projektentwicklung

Margerit Roger, M.Ed., Praxis Language Program Design 4381 Ridgewood Avenue Winnipeg, MB R3R 3R7; Tel. (204) 897- 3434; Fax: (204) 897-1990; E-Mail: mroger@escape.ca

Dr. Thomas Falkenberg, 3892 Hartford Street, Burnaby, BC V5G 2R4; Tel./Fax (604) 430-3723; E-Mail: Thomas_Falkenberg@bc.sympatico.ca

Angela Kleine-Büning, Victoria German School, 420 Cromar Road, Sidney BC V8L 5M7; Tel. (250) 656-2573; Fax: (250) 656-2110

Der Leitfaden wird ab September 1998 beim Sekretariat des Kanadischen Verbands Deutscher Sprachschulen zu folgenden Selbstkosten, inklusiv Versand, erhältlich sein.

Grundstufe $ 50.00 Mittelstufe $ 50.00 Oberstufe $ 50.00

Bestellungen richten Sie bitte an: Ilse Spangenberg R. R. #1 St. Thomas, ON N5P 3S5 Tel.: (519) 769-2338 Fax: (519) 769-2081


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